Blitz- und Überspannungs­schutz für Photovoltaik-Anlagen

Die Anschaffung einer Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) ist immer mit hohen Investitionen verbunden. Diese Investition soll sich möglichst schnell rentieren. Umso wichtiger ist daher eine durchgängige Verfügbarkeit der PV-Anlage.

Photovoltaik-Anlagen werden in aller Regel auf dem Dach oder auf dem freien Feld installiert. Diese exponierte Lage sorgt dafür, dass sie besonders durch Blitzeinschläge und Überspannungen gefährdet sind. Fällt eine Anlage durch einen Überspannungsschaden aus, bleibt zum einen für die Dauer der Reparatur der Ertrag aus, zum anderen fallen beispielsweise durch den Tausch des Wechselrichters oder eines defekten Panels, zusätzliche Kosten an.

Relevante Richtlinien

Folgende Richtlinien sind für den normgerechten Überspannungsschutz von Photovoltaik-Anlagen zu berücksichtigen:

  • Um Überspannungsschäden zu verhindern, wird für PV-Aufdachanlagen ein Blitzschutzsystem nach VDE 0185- 305-3 (IEC/ EN 62305-3) empfohlen.
  • Eine Risikoanalyse nach VDE 0185-305-2 hilft dabei, die Notwendigkeit eines Blitzschutzsystems sowie die erforderliche Blitzschutzklasse zu ermitteln. Dies gilt nur für Fälle, in denen durch weitere Richtlinien, wie beispielsweise die Landesbauordnungen, keine anderen Blitzschutzsysteme gefordert sind.
    Für komplexe PV-Freiflächenanlagen, wie beispielsweise bei PV-Kraftwerken oder Solarparks mit der Anforderung einer erhöhten Verfügbarkeit, sollte generell die Notwendigkeit oder der Bedarf an zusätzlichen Maßnahmen unter Nutzung der VDE 0185-305-2 geprüft werden.
  • Nur eine geschützte Anlage kann den Belastungen, denen sie ausgesetzt ist, standhalten und dauerhaft sicher Energie produzieren. So empfehlen die Sachversicherer in der Neufassung der VdS-Richtlinie 2010  (Februar 2021) weiterhin für PV-Freilandanlagen inneren Überspannungsschutz.
  • Für die Errichtung von PV-Stromversorgungssystemen gelten die Normen der VDE 0100 Reihe, insbesondere die DIN VDE 0100-712.
  • Wird eine PV Anlage neu errichtet und an die elektrische Anlage angeschlossen, ist Überspannungsschutz (Typ 2 / class II) auf der AC-Seite nach DIN VDE 0100-443 und DIN VDE 0100-712 (IEC 60364-4-44 und 60364-7-712) einzusetzen.
  • Durch den zusätzlichen Verweis in der DIN VDE 0100-712 auf die VDE 0185-305-3, Beiblatt 5, ergibt sich neben der AC-Seite auch auf der DC-Seite die Notwendigkeit eines Überspannungsschutzsystems, um zur Sicherheit des Wechselrichters bei Anlagen mit äußerem Blitzschutzsystem beizutragen.

PV-Anlagen: Welche Varianten unterscheidet man?

Im Bereich des Blitz- und Überspannungsschutzes können PV Anlagen in die folgenden Varianten eingeteilt werden:

  • PV Anlage ohne äußeren Blitzschutz
  • PV Anlage mit äußerem Blitzschutz und ausreichendem Trennungsabstand
  • PV Anlage mit äußerem Blitzschutz und ohne ausreichendem Trennungsabstand

Sichere Installation der Photovoltaik-Anlage

SPD Typ 2 mit Fernsignalisierung für die PV-DC-Seite

Bei der Installation der Photovoltaik-Anlage und des äußeren Blitzschutzsystems sollte grundsätzlich darauf geachtet werden, dass der Trennungsabstand zwischen der PV Anlage und der äußeren Blitzschutzanlage sowie Dachrinnen, Antennenanlagen und weiteren Installationen eingehalten wird. Nur so werden gefährliche Blitzteilströme auf metallischen sowie elektrischen Installationen sicher vermieden.

Die Positionen der notwendigen Fangeinrichtungen sind nach VDE 0185-305-3 (IEC/ EN 62305-3) zu planen.
Mithilfe des Blitzkugelverfahrens können die erforderlichen Längen der Fangstangen sowie die Abstände zwischen den Fangstangen fachgerecht dimensioniert werden. Diese sind derart anzuordnen, dass alle Teile der zu schützenden Anlage im Schutzbereich der Fangeinrichtung liegen. Ist der Trennungsabstand gewährleistet, ist ein Überspannungsschutzgerät vom Typ 2 (class II) auf der DC-Seite ausreichend.

Denn durch den eingehaltenen Trennungsabstand kann der Blitz nicht direkt in die PV-Anlage eingekoppelt werden, sondern wird zuerst über die Blitzschutzanlage in die Erde abgeleitet. Von dort wird er anschließend über das erforderliche Überspannungsschutzgerät am Eingang der elektrischen Anlage deutlich abgeschwächt eingekoppelt.

Wenn der Trennungsabstand nicht eingehalten werden kann:

Kann der Trennungsabstand nach VDE 0185-305-3 (IEC/ EN 62305-3) aus baulichen Gründen nicht eingehalten werden, muss die PV-Anlage über geprüfte Bauteile blitzstromtragfähig mit 16mm2 CU oder 25mmAlu in die Blitzschutzanlage eingebunden werden.

 

Blitzschutzbauteile zur Verbindung müssen nach VDE 0185-561-1 (IEC/ EN 62561-1) geprüft sein.

In diesen Fällen sind auch auf der DC-Seite Überspannungsschutzgeräte vom Typ 1 (class I) oder Kombiableiter vom Typ 1+2 (class I+II) erforderlich, da Blitzströme im Gebäude nicht beherrschbar sind.

Der hierdurch erreichte, notwendige Blitzschutz-Potentialausgleich verbindet alle metallischen und elektrisch leitfähigen Komponenten der Anlage samt Erdungssystem mit dem normativen Blitzschutzsystem. Nach VDE 0185-305 Teil 3 und 4 (IEC/ EN 62305-3, -4) sind hierbei Überspannungsschutzgeräte (SPDs) Typ 1 (class I) oder Kombiableiter Typ 1+2 (class I+II) für die ins Gebäude führenden Leitungen einzusetzen.   Dies gilt sowohl auf dem Dach- als auch auf dem Erdniveau, für die AC- genauso wie für die DC-Seite des PV-Stromversorgungssystems.

Ausschlaggebend für die Frage nach der Notwendigkeit von Überspannungsschutzmaßnahmen sind die DIN VDE 0100-443 (VDE 0100-443) sowie die DIN VDE 0100-712 (VDE 0100-712).

SPD Typ 1+2 für die PV-DC-Seite

Position der Fangmasten

Beispiel einer geplanten Blitzschutzanlage mit isCon

Die Lösung: Das isCon®-System

Mit dem hochspannungsfesten, isolierten isCon® – System von OBO kann der Trennungsabstand sicher eingehalten werden. Die isolierten Fangeinrichtungen isFang mit der isCon® – Ableitung sind getestet nach VDE V 0185-561-8 (IEC TS 62561-8) und minimieren bei fachgerechter Planung die Beschattung. So wird die Wirtschaftlichkeit der gesamten Anlage erhöht.

Überspannungsschutz bei Anlagen ohne äußeres Blitzschutzsystem

Installationsbeispiel zum Schutz des Wechselrichters auf der AC- und DC-Seite

Bei Anlagen ohne ein äußeres Blitzschutzsystem ist Überspannungsschutz auf der DC-Seite nicht normativ gefordert.

Dennoch ist der Einsatz dringend zu empfehlen, damit die Photovoltaik-Anlage bei auftretenden Überspannungen, beispielsweise durch Schalthandlungen im Netz, geschützt und die Verfügbarkeit der Anlage somit gesichert ist.

Um den Wechselrichter bestmöglich vor gefährlichen Überspannungen zu schützen, sollten Überspannungsschutzgeräte sowohl auf der Gleich- als auch auf der Wechselspannungsseite direkt an den Eingängen und am Ausgang eingesetzt werden.

Bei der Auswahl eines Überspannungsschutzgerätes für die Gleichspannungsseite der Photovoltaik-Anlage darf die höchste Dauerspannung des Gerätes in keinem Fall die höchste Leerlaufspannung der PV Anlage überschreiten. Die Anzahl der benötigten Schutzgeräte ergibt sich aus der Anzahl der MPP-Tracker im jeweiligen PV-System.

Ist der Wechselrichter mit Informations- oder Kommunikationseinrichtungen verbunden, sollten auch diese Leitungen durch geeignete Überspannungsschutzgeräte in den Potentialausgleich eingebunden werden.

                                  Überspannungsschutzgeräte: Auswahl und benötigte Anzahl

Bei der Auswahl sollten folgende Punkte besonders berücksichtig werden:

  • Die höchste Dauerspannung eines Überspannungsschutzgerätes für die Gleichspannungsseite der Photvoltaik-Anlage darf in keinem Fall die höchste Leerlaufspannung der PV Anlage überschreiten.
  • Die Anzahl der benötigten Schutzgeräte ergibt sich aus der Anzahl der MPP-Tracker im jeweiligen PV-System.
  • Ist der Wechselrichter mit Informations- oder Kommunikationseinrichtungen verbunden, sollten auch diese Leitungen durch geeignete Überspannungsschutzgeräte in den Potentialausgleich eingebunden werden.

    Die Installation des Wechselrichters wird bei PV Anlagen auf Gebäuden je nach den örtlichen Verhältnissen direkt auf dem Dach, auf dem Dachboden, häufig aber auch im Keller vorgenommen. Bei der Installation im Keller kann es sinnvoll sein, den Überspannungsschutz nicht nur vor dem Wechselrichter, sondern zusätzlich auch beim Eintritt der Leitungen in das Gebäude einzusetzen, um induktive Einkopplungen von außen zu vermeiden.

OBO-Lösungen für eine sichere Photovoltaik-Anlage

OBO bietet für alle aufgeführten möglichen Situationen den passenden Überspannungsschutz. Im Portfolio befinden sich Typ 1+2 (class I+II) PV-Kombiableiter bis zu einer maximalen Dauerspannung von 1.500 V DC, optional mit oder ohne Fernmeldekontakt. Eine eben solche Auswahl steht auch für die PV-Ableiter Typ 2 (class II) zur Verfügung.

Für Systeme mit bis zu 3 MPP-Trackern bietet OBO eine Auswahl von Lösungen in gewohnter Variantenvielfalt. Die Überspannungsschutzgeräte sind in diesem Fall bereits in einem IP66 geschützten Gehäuse vormontiert und anschlussfertig verdrahtet. Die Gehäuse sind witterungsbeständig und somit auch für die Installation im Außenbereich geeignet. Die Leitungen können je nach Lösungsvariante durch die mitgelieferten Kabelverschraubungen individuell eingeführt oder über MC4-Stecker einfach direkt verbunden werden.

Funktionserdung von metallischen Unterkonstruktionen

Um eine Funktionserdung von metallischen Unterkonstruktionen oder Moduluntergestellen zu gewährleisten, unterscheidet die VDE 0185-305-3, Beiblatt 5 folgende Situationen:
Situation Mindestquerschnitt, Kupferfunktionserdung
PV Anlage ohne Blitzschutzsystem oder PV Anlage mit Blitzschutzsystem und der Trennungsabstand wird eingehalten 6 mm2
PV Anlage mit Blitzschutzsystem und der Trennungsabstand wird nicht eingehalten 16 mm2

Raumschirmung

Direkte und nahe Blitzeinschläge erzeugen ein magnetisches Feld, was induzierte Ströme in elektrischen und elektronischen Systemen verursacht.

Eine professionelle Leitungsführung mit den OBO TrayFix Systemen oder eine optimierte Leitungsschirmung beispielsweise mit EMV geprüften Kabeltragsystemen von OBO können unter bestimmten Bedingungen nach VDE 0185-305-4 (IEC/ EN 62305-4) notwendige Überspannungsschutzmaßnahmen verringern.

Erdung

Bei PV-Aufdachanlagen ohne Blitzschutzsystem ist für Neubauten in Deutschland ein Fundamenterder nach DIN 18014 zu installieren. Bei PV-Aufdachanlagen mit Blitzschutzsystem sind zusätzlich die Anforderungen der VDE 0185-305-3 (IEC/ EN 62305-3) zu berücksichtigen (Erdungswiderstand < 10 Ohm). Bei PV-Freiflächenanlagen müssen die Anforderungen der VDE 0185-305-3 (IEC/EN 62305-3) ebenso berücksichtigt werden. Hierbei ist zwischen zwei Erdungstypen zu unterscheiden.

TYP ATYP B
  • Horizontalerder
  • Vertikalerder (Tiefenerder oder Staberder)
  • Ringerder (Oberflächenerder)
  • Fundamenterder

                                                                  Erdungsanlagen Typ A

Unter Typ A Erdungsanlagen fallen beispielsweise Schraub- und Rammfundamente, wenn diese den Anforderungen der VDE 0185-561-2 (IEC/EN 62561-2) entsprechen. Hierbei ist nicht nur ein Mindestquerschnitt in Abhängigkeit vom gewählten Material, sondern auch mechanische sowie elektrische Eigenschaften einzuhalten.

                                                                  Erdungsanlagen Typ B

Platten- und Streifenfundamente sind entsprechende Typ B Erdungsanlagen. Nach VDE 0185-305-3 Beiblatt 5 haben diese eine reduzierte Erderwirkung und sind durch weitere Erdungsmaßnahmen wie Maschenerder (20 m x 20 m) oder Tiefenerder zu erweitern.

Für beide Fälle hat OBO passende Tiefenerder mit Ø20 mm bzw. Ø25 mm bzw. Drähte mit Ø10 mm sowie Bänder verschiedener Abmessungen wie 30 x 3,5 mm oder 40 x 4 mm im Portfolio.

Tiefenerdervarianten
 1Typ OMEX 
 2Typ BP
 3Typ Standard
 4Typ LightEarth

Bei Fundamenten mit Armierungsstahl ist ein verzinkter oder verkupferter Erder im Erdreich nicht zulässig. Im Erdreich muss ein hochlegierter Edelstahl mit mindestens 2% Molybdängehalt, wie in den Werkstoffen Nr.1.4401, Nr.1.4404 oder Nr.1.4571, eingesetzt werden. Dieser ist weitgehend neutral zu anderen, edleren oder unedleren, Werkstoffen und gewährleistet so eine hohe Anlagenverfügbarkeit.

Kontakt

Weitere Informationen rund um den Schutz von Photovoltaikanlagen, wie beispielsweise zur Verantwortung von Errichter und Betreiber einer PV-Anlageden relevanten Photovoltaik-Normen oder den OBO Systemlösungen finden sie auf der Homepage www.obo.de.

OBO Bettermann Holding GmbH & Co. KG

Hüingser Ring 52
D-58710 Menden

Telefon: 0049-2373-89-0
Telefax: 0049-2373-89-238

E-Mail: info@obo.de

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